Montag, 23. Februar 2015

Von Fehlern... und anderen Fehlern

Mich überrascht es immer wieder, dass man als Reiter Fehler zu kompensieren versucht, indem man andere Fehler macht und diese dann aber akzeptiert.

Klingt wahrscheinlich ein bisschen diffus? Gleich wird das Bild klarer.

Es gibt nämlich gefühlt eine Millionen Beispiele dafür, in denen sich wahrscheinlich jeder Reiter mehr oder weniger wiederfindet. Dabei muss man auch gar nicht in die hohen Künste der klassischen Dressur einsteigen, es reichte in Blick auf jeden zufällig gewählten Reitsplatz eines jeden semiengagierten Reiters.

Wählen wir doch beispielsweise das Tempo. Läuft das Pferd zu langsam/faul/schlurfend, ist das ein Fehler. In der Regel wurde bereits versucht, das Pferd mit Treiben, Schnalzen oder Gertenunterstützung vorwärtszutreiben - erfolglos. Was macht der Reiter? Schieben! Was das Zeug hält! Das Resultat ist eigentlich ein viel schlimmeres Problem, als das Ursprungsproblem war, macht man doch das Pferd fest im Rücken und nimmt ihm zusätzlich sämtliche Chancen, auf feine Nuancen von Gewichtshilfen zu reagieren. Selbst ist man auch noch frustriert, trotzalledem wird fleißig weitergeschoben und das noch schneller und intensiver! Wieso wird dieser Fehler vom Reiter akzeptiert? Da kommt man doch vom Regen in die Traufe!

Das Gleiche finden wir beim Bremsen. Fällt das Pferd beim Übergang auf die Vorhand, ist das ein Fehler. Der gemeine Reiter hilft sich, indem er sich beim nächsten Übergang möglichst weit nach hinten lehnt und gleichzeitig die Hände noch einen halben Meter rückwärts zieht - ganz nach dem Motto, je mehr Masse hinten ist, desto weniger liegt auf der Vorhand. Leider geht diese Meinung nicht mit dem natürlichen Bewegungsablaufs des Pferdes konform, weshalb auch dieser Schuss nach hinten los geht. Nur mit dem Resultat, dass wir den Rücken und das Maul noch mehr belastet haben und dem Pferd jeglichen Spaß an der Arbeit nehmen. Wieso wird dieser Fehler vom Reiter akzeptiert? Da kommt man doch vom Regen in die Traufe!


Oder beim Schenkelweichen. Oftmals findet man einen nach innen gezogenen Hals, während der Rumpf weiterhin geradeaus auf einem Hufschlag läuft. Wird dem Reiter das bewusst, fängt er an, entweder das innere Bein um ca. einen halben Meter nach hinten zu legen, um die Hinterhand herauszudrücken. Oder er zieht noch weiter am inneren Zügel und vergisst die restliche Hilfengebung darüber hinaus, was z.B. zusätzlich zur Folge hat, dass er in der Hüfte einknickt und das Pferd damit noch vollends verwirrt. Wieso wird dieser Fehler vom Reiter akzeptiert? Da kommt man doch vom Regen in die Traufe!

Die Liste ließe sich endlos weiterführen. Von Händen an den Ohren beim Rückwärtsrichten, gleichzeitiges Bremsen- und Gasgeben oder sicherlich auch beim Springen und Gymnastikhüpfen, wo ich allerdings nicht mitreden kann. 

Eigentlich gibt´s doch eine ganz einfache Lösung für diese Fehler. Man gibt die richtigen Hilfen, das Pferd reagiert nicht -> und bevor wir anfangen, deshalb auf falsche Hilfen zurückzugreifen, fangen wir das Denken an und überlegen, WARUM es nicht reagiert. Und dann reiten wir den Übergang, das Schenkelweichen oder die Trabverstärkung eben 5 Meter später. Oder 10. Dem Pferd ist das egal. Im Gegenteil: Es wird es uns danken!

Hm. Denken. Ganz schön schwer!

Samstag, 17. Januar 2015

Beine zu und ab die Post!

Das Treiben ist so eine Sache. Eigentlich sollte man ja denken, dass es ganz einfach ist: Das Pferd läuft vorwärts, wenn ich die Beine zumache. So lernt es ja ein jeder, und so sieht man es auf den schönen Thelwell-Bildern mit dicken Kugelponies.

Vertieft man sich dann ein wenig in die Thematik des richtigen Treibens, dann wird es schon wieder komplizierter. Schon allein deswegen, weil es natürlich wieder unterschiedliche Theorien gibt! Oh man... und zwar:

1. Theorie: Nur das sich in der Luft/in der Bewegung befindliche Bein kann auf die treibende Hilfe reagieren

2. Theorie: Nur das sich noch am Boden und kurz vor dem Abfußen befindliche Bein kann auf die treibende Hilfe reagieren

Und nun? Wollen wir uns die beiden Theorien doch einmal näher ansehen.

Ersteinmal klingt die erste Theorie, finde ich, ziemlich logisch. Das Hinterbein ist in der Luft, ich treibe, und das Bein schwingt weiter vor.

Wenn wir uns das Ganze jetzt aber mal im Trab ansehen, dann fällt auf, dass bei diesem Bewegungsablauf ein entscheidender Fehler entstünde: Die gesicherte Diagonale, die im taktreinen Trab ja vorhanden sein muss, geht verloren! Ansonsten müsste das diagonale Vorderbein ebenfalls weiter vorgreifen und das würde zu einer deutlichen Lahmheit führen - zumindestens zu einem Bruch des fließenden Bewegungsablaufes! Außerdem - wenn wir mal ehrlich sind - WENN wir gebrochene Diagonalen sehen, dann ist es nie, weil das Hinterbein aufgrund des Treibens weiter vorschwingt, sondern weil es nicht hinterher kommt.






Hier mal ein gutes, positives Beispiel, geklaut von http://www.dressur-design.de/bewegungsablaeufe.html (das Original mit den Zahnrädern ist auch sehr schön anschaulich!), bei dem man eine schöne, gesicherte Diagonale erkennen kann.

Und ein praktisches Kontra, der einfachheithalber ebenfalls aus dem Trab: Es wird im Sitzen getrieben. Trabt man nun, wie es hinlänglich gelehrt wird, auf dem inneren Hinterfuß, dann kann man gar nicht treiben, wenn das Bein in der Luft ist, weil man dann selber steht! Und dass im Sitzen getrieben wird, das lehren schon die alten Meister, und die werden es ja wohl gewusst haben...

Theorie 2: Das noch am Boden befindliche Bein wird getrieben

Die Kritiker dieser Theorie behaupten, dass ein Bein, das am Boden steht, ja gar nicht auf die treibende Hilfe reagieren kann.

Mit oben genannter Erklärung habe ich versucht zu erläutern, dass ein in der Luft befindliches Bein nicht getrieben werden kann. Also muss es ja doch irgendwie anders gehen?!

Und es geht. Und zwar zum Zeitpunkt des Abfußens! Das Pferd hat die Möglichkeit, durch das richtige Treiben das Abfußen des inneren Hinterbeins kräftiger zu gestalten und somit Einfluss auf das Vorgreifen des äußeren Hinterfußes, der dann nämlich weiter Vortritt als Ausgleichsbewegung, zu nehmen!

Ich habe das gestern beim Longieren mal ausprobiert und festgestellt, dass ich falsch schnalze. Nämlich genau dann, wenn das Bein in der Luft ist *hüstel*

Ich habe dann gezielt kurz vor dem Abfußen des inneren Hinterbeins geschnalzt und prompt eine Reaktion in der Hinterhand sehen können - nämlich, wie sie wie eine Sprungfeder auf das Schnalzen reagiert und das Pferd vermehrt vorschiebt. Sehr spannende Sache!

Als ich das Thema vorgestern mit meinem RL diskutierte und die wildesten Theorien ausbreitete (letztens las ich von einer, die beim sitzen innen und beim stehen außen treibt), da entfuhr ihm nur ein "Um Gottes Willen, Alexa, manchmal reicht R E I T E N auch einfach" - womit er sagen wollte, man solle sich auch einfach nur mal auf seine vier Buchstaben setzen und fühlen. Recht hat er!

Eure,
Alexa