Aber wen interessiert schon das Pferd, wenn man Applaus
bekommt?
Und auch in der „Profi-Liga“* gibt es zwei unterschiedliche
Schaftypen: Der Typus, der die Pferde auf ein immer höheres Niveau hin
„ausbilden“ will, und der, der vermeintliche Problempferde korrigieren möchte. Bei
ersterem ist es dem „Gefallen-Wollen“ des Pferdes geschuldet, dass es sogar
meistens ganz gut klappt, und die Pferde ungebogen und unhankengebeugt ihre
Traversalen traben, während bei letzterem sich fast buchstäblich die Fußnägel
aufrollen. Da werden augenrollende und zähnebleckende Pferde zusammengezogen
und blutig geritten, weil „der Bock ja sonst viel zu gefährlich ist“ oder weil
„der das ja sonst nie kapiert“.
Vor kurzem erst habe ich beobachten müssen, wie einer
schwierigen (?) Remonte so zugesetzt wurde, dass sie sich wild steigend
überschlug. Selbstredend ist der Bereiter (?) gleich anschließend wieder
wagemutig aufgesprungen und hat dem Pferd gezeigt, wo der Hammer hängt.
Was passiert mit so einem Pferd? Der Werdegang ist doch
schon geschrieben: Der Besitzer kommt mit dem schwierigen Pferd nicht zurecht,
es wird zum Händler gegeben und der Teufelskreis beginnt. Das war sicherlich nicht
der letzte Bereiter, der dem Pferd so zugesetzt hat. Und nur mit ganz viel
Glück kommt es in Hände, die wirklich Verständnis haben und mit entsprechend
nachsichtigen Methoden das Pferd davon überzeugen können, dass Reiten nun doch
nicht ganz so schlimm ist, wie es das bisher kennengelernt hat. Und der
Besitzer? Der kauft sich einen neuen vierjährigen Kracher, um das nächste
Pferdeschicksal zu besiegeln.
Der Freizeitreiter** geht anders an die Sache heran. Der
denkt sich, er ist einer von den Guten, weil sein glückliches Pferd nicht wie
die anderen armen Pferde Runde um Runde im Viereck drehen muss. Also werden die
Zügel an der Schnalle gefasst und ab geht die Post ins Gelände. Meistens mit
einem recht gebundenen Gang, auffällig am Nähmaschinentrab oder an der
Unfähigkeit des Pferdes, beidhändig zu Galoppieren. Dem glücklichen
Freizeitreiter fällt das aber gar nicht auf, darüber müssen wir uns also keine
Gedanken machen. Was ihm allerdings oft auffällt, ist die Problematik beim
Bremsen, gerade im Galopp. Da wird das Pferd immer schneller und schneller und
der Zügelzug immer kräftiger und kräftiger und wenn der Reiter Glück hat, dann
lässt die Kondition des Pferdes früher nach als der Weg lang ist. Als Lösung
wird beim nächsten Mal einfach eine Kandare eingeschnallt. Blank. (was man
nicht alles sieht…) oder wenn das Pferd Glück hat, ein Pelham. Dass man hier
mit ein wenig Durchlässigkeit deutlich mehr erreichen könnte,
pferdefreundlicher unterwegs wäre und noch dazu sicherer, kommt den Meisten
leider erst gar nicht in den Sinn.
Um das Thema nicht endlos zu strapazieren, ende ich hiermit.
Wobei noch lange nicht alle Punkte angesprochen wurden – von unpassender
Ausrüstung und unerkannten Lahmheiten bis hin zu nicht-reitenden
Pferdebesitzern, die ihre Pferde auf engstem Kreise zirkulieren lassen, oder
widersprüchliche Ansagen machen bzgl Körperhaltung etc... wie man sieht, habe ich lediglich an der Oberfläche gekratzt!
Und was ist jetzt die Moral von der Geschichte? Eigentlich
nur: Wenn man sich bildet und mit einem gesunden Menschenverstand an das ganze
Pferde- und Reitthema ran geht, dann kann es in der Regel gar nicht so schlimm
werden. Pferde wollen in erster Linie gefallen, und sobald sie widersetzlich
werden, stimmt etwas nicht. Mit dem Zweibeiner. Vielleicht mit einem Zweibeiner
aus der Vergangenheit. Dennoch sollte der intelligente Mensch schlau genug
sein, dem Pferd entsprechend mit Gefühl, (Sach-)Verstand und Nachsichtigkeit
entgegenzutreten.
*rein Bezugnehmend auf die schwarze Schafsliga, selbstredend
gibt es – Gott sei Dank – auch noch die echten Profis und Pferdeflüsterer unter
den Reitern!
** NATÜRLICH sind alle Reiter Freizeitreiter, die nicht ihr
Geld damit verdienen. Aber hier sollen damit die Geländejuckler betitelt werden,
die den Reitplatz nur von außen kennen und Gymnastizierung für einen überflüssigen
Kropf halten. Wo wären wir nur ohne ein wenig Polemik.